Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)

Gestationsdiabetes ist eine Sonderform des Diabetes mellitus, der bei Frauen in der Schwangerschaft auftreten kann. In Deutschland muss bei etwa fünf bis zehn Prozent der Schwangeren mit einem Gestationsdiabetes gerechnet werden.

Während einer Schwangerschaft erfährt der Körper der Mutter viele Umstellungen. Eine Folge dieser Umstellungen kann eine sog. erhöhte Insulintoleranz sein. Dabei reagiert das Regelsystem des Blutzuckerhaushaltes weniger empfindlich auf das körpereigene Hormon Insulin. Durch eine Erhöhung der Insulinproduktion kann die Mutter in diesem Fall ihre eigenen Blutzuckerwerte im normalen Bereich halten.

Reicht das mütterliche Insulin aber nicht mehr zur wirksamen Blutzuckerregelung aus, steigen die Blutzuckerwerte im Blut zu sehr an. Dieser Schwangerschaftsdiabetes bereitet der werdenden Mutter selbst möglicherweise gar keine Beschwerden und wird von ihr auch nicht wahrgenommen. Diese Stoffwechselstörung betrifft aber nicht nur die Mutter, sondern auch ihr Kind, denn der im Blut der Mutter gelöste Blutzucker gelangt zwar über die Nabelschnur zum Kind, das mütterliche Insulin jedoch nicht. Der Blutzuckergehalt des kindlichen Blutes ist dann zu hoch.

Bei einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerwert der Mutter stellt der über das mütterliche Blut übertragene Zucker ein erhöhtes Kalorienangebot für das ungeborene Kind dar. Die zusätzlichen Kalorien werden in den Organen des Kindes als Energiespeicher angelagert und es kommt zu einem übermäßigen Wachstum des Kindes im Mutterleib

Der erhöhte Blutzucker im kindlichen Blutkreislauf führt außerdem dazu, dass das Kind selbst verstärkt Insulin produzieren muss. Diese ständig notwendige Insulinausschüttung verhindert, dass die Organe des Kindes sich normal entwickeln.

Die Größe des Kindes sowie die mangelnde Reife seiner Organe kann dann zu Komplikationen während und nach der Geburt führen. So muss aufgrund der Größe des Kindes häufig die Entbindung mit einem Kaiserschnitt erfolgen und das Kind nach der Geburt intensivmedizinisch betreut werden.

Diagnose

Das Vorliegen eines Schwangerschaftsdiabetes kann in der Arztpraxis durch einen Trinkzucker-Belastungstest festgestellt werden.

Therapie

Abhängig von der Schwere des Schwangerschaftsdiabetes sowie des körperlichen Zustandes der Mutter kommen verschiedene Möglichkeiten der Behandlung in Frage.

Kontrolle des Blutzuckers

Ausgangspunkt jeder Therapie ist die regelmäßige Blutzuckerbestimmung durch die Schwangere.
Die Blutzucker-Werte sollten vor den drei Hauptmahlzeiten und eine Stunde nach Beginn der Mahlzeiten gemessen und notiert werden. Die gemessenen Werte sollten alle zwei Wochen mit dem behandelnden Diabetologen besprochen werden.

Umstellung der Ernährung

Genau wie Personen mit leichtem Diabetes mellitus sollte eine Schwangere mit Schwangerschaftsdiabetes ihre Ernährung umstellen. Um einen übermäßigen Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit zu vermeiden, sollte die Menge der Kohlenhydrate (zuckerhaltigen Nahrungsmittel) pro Mahlzeit begrenzt werden.

Mit einer Ernährungsberatung sollte ein Ernährungsplan erstellt werden, der eine für die Bedürfnisse der Schwangerschaft angemessene Kalorienmenge und Nahrungszusammensetzung enthält.

Gewichtsreduktion

Bei Frauen mit einem Body-Mass-Index über 27 am Beginn der Schwangerschaft sollte die Kalorienmenge auf 25 kcal/kg Körpergewicht reduziert werden. Um die Versorgung des Kindes mit Nährstoffen nicht einzuschränken, sollte eine gezielte Gewichtsabnahme vermieden werden.

Sport

Körperliche Aktivität unterstützt die Normalisierung erhöhter Blutzucker-Werte durch den direkten Energieverbrauch und eine Verbesserung der Insulinempfindlichkeit (siehe Freizeit und Sport mit Diabetes). Geeignet sind Ausdauersportarten, insbesondere wenn diese nach dem Essen ausgeführt werden.

Aufgrund der Möglichkeit des Auftretens von Komplikationen im Rahmen der Schwangerschaft muss die Aufnahme sportlicher Aktivitäten zuvor in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Medikamentöse Therapie

Ob der Schwangerschaftsdiabetes medikamentös behandelt werden muss, hängt von der Schwere der Stoffwechselstörung ab. Kann das Einstellungsziel mit einer Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität nicht erreicht werden, ist eine Behandlung mit Insulin notwendig, denn der Einsatz von oralen Antidiabetika (siehe Medikamentöse Therapie) ist beim Gestationsdiabetes nicht möglich.

Anhaltspunkt zur Einleitung der Insulintherapie sind mehrfache Überschreitungen der Zielwerte (mindestens zwei vor dem Essen und/oder nach dem Essen erhöhte Werte pro Tag an mindestens zwei Tagen) innerhalb von einer Woche unter Berücksichtigung der persönlichen Stoffwechselsituation und Messgenauigkeit der Schwangeren.

Bei grenzwertig erhöhten Blutzucker-Werten soll das Vorliegen eines übermäßigen Kindeswachstums in die Entscheidung einbezogen werden. Dies kann mit Hilfe von Ultraschall-Untersuchungen nachgewiesen. Bei Überschreiten bestimmter Grenzwerte des kindlichen Bauchumfanges (AU) im Ultraschall sollte in diesen Fällen eine Insulinbehandlung begonnen werden.